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Zucht mit Hilfe eines Eistreifens

von Jörg Hinnerks

Mit einem Eistreifen (Eistück) kann man schnell und bequem dafür sorgen, dass ein Volk oder ein Ableger sich eine Königin nach Wahl des Züchters zieht.

Das einzig nötige
Zuchtwerkzeug

Einziges benötigtes Werkzeug: ein scharfes Messer mit einer dünnen Klinge. Ich bevorzuge Karbonstahlklingen. Diese sind zwar nicht rostfrei, bleiben aber entschieden länger scharf als Edelstahlklingen. Nichts ist ärgerlicher als ein stumpfes Messer. Man kann die Klinge vor dem Einsatz ein wenig mit einem Feuerzeug erwärmen.

 

 

Im Folgenden wird die Methode am Beispiel eines Ablegers vorgestellt:

Diesen Ableger habe ich am 5. Mai 2011 mit einer Brutwabe und zwei Leerwaben erstellt. Da gute Tracht herrschte und der Ableger üppig mit Bienen ausgestattet war, habe ich keine Futterwabe gegeben. Heute, neun Tage später, ist alle Brut verdeckelt.

 

 

 

Wie man oberhalb des Flugloches sehen kann, leidet er (wie das Muttervolk) an Nosema, weshalb er auf keinen Fall eine Königin aus der eigenen Brut nachziehen soll. Er soll heute, am 14. Mai, einen Eistreifen aus einem zuchtwürdigen Volk erhalten.

Zuerst werden alle Nachschaffungszellen gebrochen. Wird auch nur eine übersehen, wird der Ableger den gebotenen Eistreifen nicht annehmen, d.h. keine Weiselzellen auf ihm ansetzen. Vielmehr wird er die übersehene Nachschaffungszelle weiter pflegen. So würde die Zucht misslingen. Deshalb werden (fast) alle Bienen von der Wabe gestoßen, so dass ich sicher alle Zellen ausbrechen kann.

 

 

 

Danach wird der Ableger vorerst wieder verschlossen, während ich ihm innerhalb der nächsten halben bis zwei Stunden einen Eistreifen aus einem zuchtwürdigen Volk besorge. In dieser Zeit werden seine Bienen merken, dass sie nunmehr hoffnungslos weisellos sind, da sie weder über Weiselzellen noch über offene Brut verfügen. Dies ist Voraussetzung für die sichere Annahme des Eistreifens.

 

 

 

 

Aus einer Brutwabe des Zuchtvolkes wird ein Eistreifen geschnitten. Dieser sollte etwa kleinfingerdick und kleinfingerlang sein, kann aber natürlich auch flächiger sein. Man kann die entstehende Lücke auf der Wabe mit einem Stück Mittelwand verschließen, wenn man sichergehen möchte, dass sie sauber mit Bau für Arbeiterinnenbrut verschlossen wird. An diesem Tag hatte ich die Mittelwand vergessen, aber meist wird eine solche Stelle ohnehin sauber wieder verbaut. Wenn nicht, scheint es die Bienen nicht zu stören, warum sollte es mich dann stören?

Hier ein Bild von einer anderen Wabe, in die ich nach der Entnahme des Eistückes ein passendes Stück Mittelwand eingefügt habe.

 

 

 

Ich bevorzuge Eistreifen aus mehrfach bebrüteten Waben, weil sie steifer sind und sich besser in die Wabe des Ablegers einfügen lassen. Gibt man sie unter den Oberträger eines Rähmchens gebunden, lappen sie sicher nicht um. Aber bei Eistreifen aus bebrüteten Waben empfiehlt es sich dringend, die Zellen um mindestens die Hälfte, besser zwei Drittel einzukürzen, denn das tun die Bienen nur bei unbebrüteten Eisreifen. So können sie unmittelbar über den Stiften Weiselzellen errichten, ohne sechseckigen Unterbau. Ich habe hier nur eine Seite eingekürzt, weil die andere keine Stifte enthielt. Auf dem rechten Bild kann man die Stifte am Grunde der eingekürzten Zellen sehen.

 

 

 

 

 

 

 

Der hoffnungslos weisellose Ableger heult bereits. Nachdem ich die Bienen von seiner Brutwabe abgestoßen habe, wird der Eistreifen auf eine möglichst brutfreie Stelle aufgelegt und um ihn herum eine Lücke herausgeschnitten, in die er stramm hineinpasst. Er wird dann von den Bienen fest eingebaut.
Diese Lücke sollte nach Möglichkeit nach unten hin größer sein, damit für das Ausziehen der Weiselzellen genügend Platz ist. Alternativ kann man auch mit dem Basiszuchtuniversalwerkzeug die nach unten benachbarten Zellen bis zur Mittelwand herunter schneiden. Achtung: Der Eistreifen muss in unmittelbarer Nähe zu noch vorhandener Brut gegeben werden, sonst wird er möglicherweise nicht angenommen. In diesem Fall hat er über und neben sich Brut. Ein fast idealer Platz. Noch besser wäre eine solche Stelle im Zentrum der Wabe gewesen, aber dann hätte ich Brut zerstören müssen, was mir sehr widerstrebt. Wenn jetzt das Wetter kontinuierliche Sammelflüge in Frage stellt, gebe ich hinter dem Schied eine Wabe mit offenem Honig, denn Nektartracht ist Voraussetzung für das Entstehen vollwertiger Königinnen und kann nur durch Honigfütterung ersetzt werden. Sparsamkeit ist hier wie überhaupt bei jeglichen Zuchtarbeiten fehl am Platze und rächt sich.

 

 

 

Vier Tage später wird kontrolliert, ob das Eistück angenommen wurde. Waren auch jüngste Larven darauf, schaut man nach, ob schon die eine oder andere Zelle verdeckelt ist. Diese müssen gebrochen werden, weil die Larven doch schon zu alt waren und daraus keine vollwertigen Königinnen mehr werden können. Hier sieht man nur schöne, noch offene Zellen.

Man kann am sechzehnten oder siebzehnten Tag nach Gabe des Eistreifens kontrollieren, ob die Königin geschlüpft ist. Ich tue das nicht, denn warum sollte sie nicht geschlüpft sein? Alle Voraussetzungen haben vorgelegen: Ein genügend großer Ableger, der bei seiner Bildung Brut in allen Stadien und sowohl Pflege- als auch Flugbienen enthielt und deshalb auch eine gesunde Altersstruktur seiner Bienen hat und am vierten Tag nach Gabe des Eistückes wohl versorgte, offene Weiselzellen. Warum also unnötig stören?

 

 

 

Gut vier Wochen nach Gabe des Eistreifens muss die Königin in Eilage sein, sonst ist meist etwas schief gegangen. In der Regel war dann kein Flugwetter während der ganzen Brunstphase. Ich begnüge mich oft damit zu schauen, ob Pollen eingetragen wird, denn dann ist auch offene Brut vorhanden. Sollte kein Pollen eingetragen werden, warte ich noch einmal einige Tage und schaue dann nach.
Hier sieht man einen Monat nach Gabe des Eistückes die junge Königin in ihrem Hofstaat bei der Begutachtung einer Zelle. Leider zeigt kein Foto die junge Brut, die aber vorhanden ist.

Nun kann der Ableger in Ruhe wachsen, je nach Wetter und Tracht durch Futtergaben unterstützt. Die Königin zeichne ich frühestens in sechs Wochen, wenn sie in voller Eilage ist, oft erst verbunden mit der Nachschau im September. Sie ist dann ruhiger und bringt sich selbst nicht durch verängstigtes Rennen durch den Stock in Gefahr.

Achtung: Zucht ist Terminarbeit! Sollte man am neunten Tag nicht die Zellen brechen und den Eistreifen geben können (Wetter, unvorhergesehene Verhinderung), kann bereits am zehnten Tag eine (minderwertige) Königin aus Nachschaffungszellen über eigentlich zu alten Larven schlüpfen. Am achten Tag aber ist noch nicht alle Brut verdeckelt und die Annahme des Eistückes nicht sicher. Um diese Situation etwas zu entschärfen, kontrolliere ich inzwischen immer am vierten Tag der Weisellosigkeit auf verdeckelte Nachschaffungszellen und, so vorhanden, breche ich diese. So kann ich sicher sein, dass vor dem dreizehnten Tag keine Königin schlüpfen kann, ich also bis zum zwölften Tag alle Nachschaffungszellen brechen und mit Erfolg einen Eistreifen geben kann. Andererseits, sollte dies bis dann nicht möglich sein (Krankheit o.ä.), habe ich wenigstens die Gewähr, dass die dann schlüpfende Königin vom Ei an vom Volk als solche geplant und versorgt wurde und daher nicht hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben muss.

Ich gebe Ablegern inzwischen immer einen Eistreifen, selbst wenn ein Ableger aus einem zuchtwürdigen Volk stammt, dann eben von seinem Muttervolk. Nach meiner Beobachtung werden die Nachschaffungszellen nie so schön wie die Zellen aus dem Eistreifen, vielleicht, weil die plötzliche Weisellosigkeit einen Stress darstellt, der zu unkoordiniertem und flüchtigem Ziehen und Versorgen der Zellen führt. Auch die Königinnen aus Eistreifen werden bei mir schöner und größer als die aus Nachschaffung. Offensichtlich hat sich der Ableger bis zum Geben des Eistückes ganz auf das Aufziehen einer neuen Königin eingestellt und tut dies jetzt mit aller Kraft und Hingabe.

Mit einem Eistreifen kann man auch ein Vollvolk umweiseln, selbst wenn es bereits zum Schwarm rüstet: Zuerst wird die Königin entnommen, entweder mit einer oder mehreren Brutwaben als Ableger oder mit Bienen als vorweggenommener Schwarm oder sonstiger Kunstschwarm, oder sie wird vielleicht getötet. Sollte in dem Volk zu diesem Zeitpunkt Schwarmstimmung herrschen, werden alle verdeckelten und alle weit entwickelten offenen Zellen gebrochen. Nach neun Tagen bricht man alle Zellen und gibt den Eistreifen. Anschließend verfährt man wie oben beschrieben.
Die junge Königin schlüpft nach der Periode der Nachschwärme. Deshalb kann man das Volk sich selbst überlassen, es wird nicht schwärmen. Das Volk bleibt sammeleifrig und legt den Honig in der weisellosen Zeit im frei werdenden Brutraum ab. Wenn die junge Königin zu legen beginnt, wird der Honig in den Honigraum umgetragen.

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